Mahnmale und Gedenktafeln gegen das Vergessen für das von den Schweizer Behörden angeordnete Kinderleid


25.01.2018: Beratung von Opfern FSZM und das Anbringen von Gedenktafeln im Kanton Thurgau.

Schreiben vom Departement für Inneres und Volkswirtschaft, der Departemenstchef Herrn Walter Schoenholzer... hier weiterlesen


18.10.2017: Gedenktafel Erziehungsanstalt Sonnenberg-Gabeldingen

Zur Erinnerung an die Erziehungsanstalt Sonnenberg-Gabeldingen Kriens für schwererziehbare katholische Knaben.Mahnmalpng

Die 1859 von der schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) gegründete Anstalt nahm zur Arbeitserziehung auf dem eigenen, grossen Landwirtschaftsgut im Jahresdurchschnitt 60 bis 80 Zöglinge im Schulalter auf. Die meisten waren Waisen und wurden von den Behörden als schwererziehbar und gefährdet eingestuft.

Der Journalist Peter Surava (Pseudonym) geborener Hans Werner Hirsch und der Pressefotograf Paul Senn deckten 1944 die misslichen Zustände auf in der Anstalt auf und berichteten in der Zeitung „Die Nation“ mit Wort und Bild über die Geschehnisse. Der Skandal war ausgelöst und führte zur sofortigen Schliessung der Institution durch die SGG.

 
KRIENS - Heute verbringen Kinder im Schulhaus Gabeldingen eine unbeschwerte Schulzeit. Das war nicht immer so. In der «Erziehungsanstalt Sonnenberg» herrschten skandalöse Zustände. Jetzt setzt Kriens ein Zeichen. Armin Meier, Vize-Präsident des Vereins FremdPlatziert, ein Opfer der damaligen Behördenwillkür, weggesperrt in der ehemaligen Erziehungsanstalt Sonnenberg, erinnert sich.

Bild: Armin Meier, klicke auf das Bild oben und schau dir das Video auf unserem YouTube-Kanal Verein FremdPlatziert an.

Die Erziehungsanstalt Sonnenberg oberhalb Kriens schrieb zu seiner Schliessung im Jahr 1944 eine menschenunwürdige Geschichte. Damals wurde das stattliche Haus in Gabeldingen als «christliches Erziehungsheim» für katholische Knaben genutzt. Erst als der Zürcher Journalist Peter Surava (siehe Kasten) und der Fotograf Paul Senn die Missstände mit ihrer Reportage im August 1944 aufdeckten, wurde gehandelt. Zuvor schauten Kirche und Behörden weg und duldeten die Situation. Schläge und Essensentzug sowie härteste Arbeit waren an der Tagesordnung.

Sozialreportagen zeigten Wirkung

Der Journalist Peter Surava (1912–1995) wurde in Zürich als Hans Werner Hirsch geboren und verwendete für seine Artikel öfters Pseudonyme. Seine Enthüllungen veröffentlichte er in der Wochenzeitung «Die Nation». Die Zeitung war ein antifaschistisches geistiges Bollwerk und machte immer wieder durch kritische Sozialreportagen auf sich aufmerksam. Sie wurde im Jahr 1952 eingestellt. (sam)

Aufgrund der Medienberichte wurde das Heim auf dem Sonnenberg wenige Monate später geschlossen. Der letzte Heimleiter wurde gerichtlich verurteilt. Gegründet hatte das Erziehungsheim im heutigen Schulhaus Gabeldingen die Schweizerische Gemeinnutzige Gesellschaft (SGG) im Jahr 1859. schau dir Bilder von Zöglingen der damaligen Erziehungsanstalt Sonnenberg an, folge uns auf unserem Instagram Kanal an.

Gedenktafel soll Opfer anerkennen

Dieser dunklen Vergangenheit gedenkt die Gemeinde Kriens nun diesen Samstag. Dabei wird beim Schulhaus Gabeldingen eine Gedenktafel eingeweiht, die «eine Chance bieten soll, mit diesem dunklen Kapitel der Vergangenheit abzuschliessen», schreibt die Gemeinde Kriens. Mit der Gedenktafel will Kriens ein Zeichen setzen, damit das Leid, das in der Erziehungsanstalt Sonnenberg geschah, nicht in Vergessenheit gerät. Es ist ein Akt der Aufarbeitung, um mit der Vergangenheit Frieden zu schliessen. Ein solcher Akt sei für eine Gemeinde besonders wichtig, weil «die Missstände traumatisierte Menschen hinterliessen, deren Biografie geprägt wurde durch ein völlig verlorenes Vertrauen in die staatlichen Institutionen und Kontrollorgane».

Der ehemalige SGG-Geschäftsleiter Herbert Ammann kennt die Geschichte des Heims ebenfalls und beschreibt die damaligen Ereignisse wie folgt: «Es entwickelte sich eine grosse Kampagne, die Missstände blieben nicht weiter verborgen und konnten auch nicht mehr vertuscht werden. Deshalb haben der damalige Präsident der SGG, Emil Landolt, und der Geschäftsleiter Walter Rickenbacher das Heim innert zwei Wochen geschlossen.»

Herbert Ammann merkt noch an, dass die SGG das Erziehungsheim Sonnenberg ob Kriens ursprünglich als interkonfessionelles Heim führen wollte. Gegen die Katholiken konnte sich die Gesellschaft jedoch nicht durchsetzen. Das war auch der Grund, weshalb dort ausschliesslich katholische Knaben platziert wurden.

Jahre später hat das Museum Bellpark in Kriens die Medienkampagne von 1944 wieder aufgegriffen und mit einer Ausstellung im Mai 2009 den Missbrauch in der Erziehungsanstalt Sonnenberg thematisiert. Kurator war damals Kilian T. Elsasser. Er sagt über die Ausstellung: «Sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und zeigte auf, dass solche Missstände vor der eigenen Haustüre passieren können – und nicht irgendwo.» An der damaligen Vernissage waren auch zwei Betroffene anwesend, erinnert sich Herbert Ammann, der damals eine Eröffnungsrede hielt. «Diese beiden Männer haben sich als Einzige für die Ausstellung bedankt», erinnert er sich.

Quelle: Frau Sandra Monika Ziegler (sandra.ziegler@luzernerzeitung.ch)

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